Freitag, 15. Mai 2009

Neonazis in Ebensee

Information zum Vorfall:
Ich wollte eigentlich gleich am ersten Tag mich dazu äußern, habe es aber dann gelassen, da ich noch wissen wollte, was im Anschluss passiert und wie die Medien darauf reagieren. Die österreichischen Reaktionen kennen wir, hingegen sind in den Feeds von taz, Spiegel, faz, szz und nzz keine Nachrichten über Ebensee aufgetaucht. Das Problem ist nicht nur, dass wir nicht sehen was unter der Oberfläche los ist - uns fehlt allein schon der Weitblick über die Landesgrenzen. Und die rechte Szene ist grenzübergreifend organisiert.
Das mediale Echo war aber schon einmal zufriedenstellend; das Problem wird aber sein, dass alles schnell wieder verstummt. Wir wollen ja aus unserer Trance nicht aufgeweckt werden, gell?

Das, was mich so schockiert, ist die Dimension des Vorfalls. Auf einer Gedenkfeier so aufzutauchen, Parolen zu rufen undmit Hitlergruß grüßen grenzt einfach an Wahnsinn. Woher kommt der aber?
Den Polizeiberichten zu Folge (es liegt an jedem selber, ihnen zu glauben oder nicht) haben die Täter KEINEN rechtsradikalen Hintergrund, sind nicht mit der Szene in Verbindung und es sind auch keine Hintermänner erkennbar. Wie bitte?
Ich weiß nicht, warum man rechts wird. Oder ob man es schon ist. Verblendung, Angst, Gruppendynamik - was auch immer.
Aber wenn jemand, der nicht aus der Szene stammt, zu solchen Dingen fähig ist, dann fehlt irgendwo was. Dann fehlt ein moralisches Verständis und eine Sensibilisierung (wie sehr ich dieses Wort eigentlich verabscheue...). Dann ist in der Erziehung und Bildung, im Elternhaus sowie in der Schule etwas gröber schief gelaufen.
Das reißt das ganze für mich noch aus jeglichem Kontext.

Aber zum Hintergrund: Ich bin in einer Stadt aufgewachsen, die einen großen Teil der Flüchtling aus den Balkankriegen aufgenommen hat. Mit der Zeit wurde auch die rechte Szene bei uns prägnanter bis es Vorfälle mit Gewaltanwendung und Zeugen (!) gab. Das kostete einen flüchtigen Bekannten ein Auge und 3 Monate seines Lebens, die er im Koma lag.
Das Problem zwischen den linken und den rechten Demonstranten ist leider die Vorgehensweise. Nachdem in Österreich das Recht auf öffentlich Versammlung vorliegt, kann die rechte Szene, sofern sie nicht unter Parolen die unter das Verbotsgesetz fallen marschieren, jeden Zug anmelden und durchführen.
Störaktionen aber, die darauf abzielen, diese Aufmärsche zu beenden, werden von der Polizei beendet - leider mit viel zu großer Brutalität. Ich verstehe bis heute nicht, warum versucht wird die Aufmärsche zu stören.

Ich würde es nicht tun. Warum?

Weil ich jemandem sein von der Verfassung geschütztes Recht nehme, seine Meinung kund zu tun. Es ist eine perverse Meinung, die ich nie vertreten würde und in jeder Diskussion bis aufs Schärfste kritisiere. Aber ich stelle mich nicht über die Verfassung.
Oder wäre es legitim denen das Recht zu nehmen, die es anderen nicht zugestehen. Bin ich dann besser? Oder ist es Bildung, ist es Verständnis, ist es Verantwortung, was der Schlüssel dafür sein könnte, dass diese Szene keinen Zustrom mehr hat?