Montag, 21. April 2008

Die dunklen Seiten

Es gibt dunkle Seiten im Chemiestudium, von denen man erst ein paar Jahr nach Beginn hört. Über Waffen, Sprengstoffe, Nervengase und Drogen. Was man alles mit der Chemie anstellen kann ist einem aber sehr schnell bekannt.
Andere Dinge hört man erst spät, und das ist leider schlecht. Das, worüber man kaum spricht, sind Suizidfälle, die sogar recht häufig an den Eliteuniversitäten in Amerika auftreten. Vor kurzem erst fand man einen Chemiker tot in seinem Appartement auf, wiederum einer in der traurigen langen Liste. Einer der bekannteren Fälle ist Jason Altom, einer der vielversprechendsten organischen Synthesechemiker (Totalsynthese von Aspidophytin) der letzten Jahrzehnte. Er arbeitete bei E. J. Corey, dem Nobelpreisträger und derzeit wohl besten (Synthese-)Chemiker der Welt. Corey hatte, was man aber auch sagen muss, mehrere Suizidfälle in seiner eigenen Arbeitsgruppe; das ist in seinem Wikipedia-Artikel sogar in einem eigenen Kapitel vermerkt.
Ich weiß nicht was einen dazu treiben kann. Stress und Arbeitsdruck mögen Hauptfaktoren sein, aber irgendwie kann ich diese Situation nicht einmal ansatzweise verstehen und beurteilen. Ich selbst stehe in der Woche normalerweise etwa 60 Stunden im Labor - ob das zu viel ist weiß ich nicht. Ich entscheide selbst, wieviel Zeit ich aufwenden kann und auch wenn es bis spät in die Nacht dauert mache ich all das gerne. Ich könnte nicht einmal sagen, ob es unter meinen Kollegen jemanden gibt, der dadurch überfordert ist.
Ich hoffe nur, dass jeder, der sich in so einer Position findet zuerst mit Freunden oder Vertrauenspersonen redet, seine Arbeit einschränkt oder einfach aufhört, bevor er sich an Leib und Leben schadet.