Freitag, 19. Oktober 2007

tribeka

Tee mit Milch im tribeka

Es ist ein typisches Lokal für Graz. Also für die Studentenstadt Graz: das tribeka. Eines dieser typischen gestylten Coffeeshops, nach amerikanischem Vorbild. Nicht, dass ich jetzt etwas dagegen hätte, denn ich kann mich mit gratis W-LAN anfreunden, und der Kaffee, Tee und die anderen Sachen sind auch nicht von schlechten Eltern. Aber es sind so Kleinigkeiten: Es gibt Bagles, und diese Abart eines Getreideproduktes ist ja grundauf scheußlich. Stattdessen wäre mir ein Ciabatta mit Mozzarella und Tomaten ja viel lieber.
Genauso finde ich es seltsam, dass so wenige junge, urbane Erfolgstypen (wie sich insbesonders die BWL-Studenten gern geben) richtige Kaffee trinken - also einen Espresso oder einen Verlängerten. Stattdessen gibt es einen doppelten Latte Macchiato mit fettarmer Milch, Karamelsirup und Zimtpuder. Was bleibt da vom Kaffeegeschmack denn bitte noch übrig - das ist kein Kaffee, sondern ein Getränk, mit dem man die Rest vom Weinachtsgebäck los wird.

Ich habe mich heute zum Mittag aber wiedereinmal dorthin begeben, denn leider verpasste ich wiedereinmal meinen Zug und konnte eine gute Stunde warten. Toll.
Glücklich mit meinem schwarzen Tee mit Milch saß ich im ersten Stock, an einem dieser miniaturisierten Kaffeetische und las Zeitung - immer aufpassend, dass ich nicht meine Teetasse vom Tisch stieß. Und was soll ich sagen: Es war richtig erheiternd die Menschen um mich herum zu beobachten.
Links neben mir saß ein Rockabilly, etwa Anfang 20, der sich mit der Kleinen Zeitung auf Wohnungssuche machte. Es schien, dass das seine erste Suche war, denn er stellte sich mehr als dämlich an. Wenn ich bei einem Vermieter nach einer Wohnung fragen würde wären meine ersten Fragen niemals "Kann man in der Wohnung auch laute Parties feiern?" oder "Ist der Boden leicht zu säubern?".
Rechts vor mir saßen zwei Mädchen, schätzungsweise im letzten Jahr ihrer Schulkarriere oder im ersten ihrer Studienphase. Ein paar Ohrhörer teilend mit zwei Kaffee-Abartigkeiten saßen sie vor einem neuen Laptop und sahen sich Filme auf YouTube an. Störte eigentlich nicht, denn sie hörten ja über Kopfhörer - dafür vergaßen sie ihre Lautstärke und lachten, dass sich jedesmal das gesamte Lokal zu ihnen umdrehte. Ob sie jetzt andere, männliche Jungstudenten auf sich aufmerksam machen wollten, ob sie für eine Konzertkreischerei übten oder einfach nur die Anwesenden auf ihren neuen Laptop aufmerksam machen wollten blieb mir verschlossen. Absonderlich war das Gespann trotzdem.
Dafür gab es links gegenüber eine Gruppe aus 6 Mädchen, die (wie ich hören konnte) allesamt Erstsemestrige waren. Zwei studierten BWL, und waren auch die Prototypen jener Studentinnenart: Modisch akzentuiert gekleidet, samt passenden Accessoires. Eine hatte sogar den Luxus einer Louis-Vuitton-Taschen, aber ich verwette meine drei Vornamen darauf, dass es eine am Strand erworbene "echte" Version ist. Daneben saß Soziologie (Mädchen mit Arafat-Halstuch), Jus (edel, aber unauffällig gekleidetes Mädchen), Medizin (BWL-Studentin in Basis-Version) und eine, die ich nicht zuordnen konnte. Könnte Psychologie gewesen sein, denn sie sprach einer der BWL-Studentinnen, die sich beschwerte innerhalb von 2 Wochen 35 Seiten lernen zu müssen, beruhigend zu.
Das ist etwas was ich liebe, Studiengänge anhand des Aussehens zu erraten. Gut Stereotypen sind nicht wirklich vorteilhaft im Leben, aber von irgendwem kommen die auch her. Zum Beispiel erkennt man auf der Technischen Universität die Architekten: Ausschließlich Umhängetaschen und avantgardistischer Kleidungsstil. Und es gilt die Grundregel, je bleicher jemand ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man einen Informatikstudenten vor sich hat - der sich an regelmäßigen Dates mit Heidi Klum auf seinem Bildschirmschoner freut.
Ja, ich halte mich gerne an Sterotypen. Es ist nicht schlimm, dass es sie gibt - es ist viel schlimmer, dass sie viel zu oft passen. Und viele, viele Leute zu auswechselbaren Kleidungsfüllungen machen.
Wüsste dafür aber gerne für was mich die anderen Leute halten. Geschichte? Pädagogik? Theologie?

Übrigens: 2,40 Euro für einen schwarzen Tee ist am oberen Limit. So gut war der Tee auch nicht.